Kapelle im Krankenhaus "Maria von den Aposteln" Neuwerk

Die neue Kapelle des Krankenhauses wird im Folgenden durch die Beiträge des Glasmalers Johannes Beeck, des Bildhauers Paul Brandenburg und des Architekten Prof. Dipl.-Ing. Manfred Ludes erklärt.

Diese Artikel entsammen der Festschrift zur Einweihung der Kapelle.

Die Konzeption der Kapelle

Krankenhauskapelle aussen (KH-Neuwerk) (c) KH-Neuwerk

Vor einiger Zeit traf ich eine junge Frau in einer von uns gebauten Krankenhauskapelle. Erst auf den zweiten Blick bemerkte ich, dass sie an den Folgen einer Querschnittslähmung litt. Im anschließenden Gespräch sagte sie: „Ich besuche diese Kapelle jeden Tag. Ich brauche diese halbe Stunde. um zu mir selbst zu kommen. Ich brauche das Beten, um wieder Mut zu fassen. Ich brauche das Gespräch mit Gott, um mit meinem Los fertigzuwerden und es letztlich zu bejahen.“

Die moderne Medizin braucht in einem Krankenhaus viele aufwendige und teure Behandlungsräume. Das ist sicher notwendig. Ich glaube allerdings. dass auch ein Raum des Gebetes, ein Ort der Begegnung mit Gott für die Tröstung und Gesundung der Menschen ebenso notwendig und in Grenzsituationen manchmal sogar wichtiger ist

Ein Raum, der diesen Anforderungen entsprechen soll, muss sich zwangsläufig von den nüchternen Funktionsräumen eines Krankenhauses abheben. Es sollte ein „heiterer Raum“ sein, der in seiner „lichten Helle“ Geborgenheit vermittelt und trotzdem auf das hinweist, was über das „Irdische“ hinausgeht. Ein Raum. der den Menschen umfängt, der ihn zur Ruhe bringt und der ihn offen macht für das „Gespräch“ mit Gott; ein Raum, der die Menschen um den Altar versammelt, um als Gemeinde Gottesdienst zu feiern; ein Gebäude, das aber auch nach außen Signal ist für das. was an diesem Ort geschieht.

 

Krankenhauskapelle (KH-Neuwerk) (c) KH-Neuwerk

Auf der geometrisch vollkommenen Form eines Kreises entwickelt sich der Grundriss. Aus dem geschlossenen niedrigen Rund wächst ein gläserner Zylinder, der durch ein einseitig geneigtes Dach gerichtet wird. Unter der höchsten Stelle des Raumes liegt die „Cella“, die heilige Zelle mit Altar, Ambo und Tabernakel, die grundrissmäßig durch den Schnittpunkt zweier weiterer geometrisch genau abgestimmter Kreisformen fixiert wird. Dadurch wird der Grundkonflikt zwischen der in sich ruhenden Kreisform und der notwendigen Ausrichtung auf Altar, Ambo und Tabernakel des Raumes aufgelöst. Es entsteht ein außerordentlich komplexer Innenraum, der sich dennoch auf wenige gestalterische Grundelemente zurückführen lässt.

Rundsäulen tragen den lichten Glaszylinder und fassen ordnend den Raum der Gemeinde noch einmal zusammen. Der Altar steht als „Mittelpunkt“ des Raumes im Schnittpunkt aller Kreise, während die Tabenakelstele eine eigene niedrige „Konche“ zugewiesen bekommt.

Die Lichtführung, die Gliederung von Decke und Fußboden, die Gestaltung der Bänke und der anderen Details entsprechen der hohen Würde des Raumes.

Die farbige Verglasung von Johannes Beeck folgt der Raumidee und trägt mit ihrer künstlerischen Aussage wesentlich zur gesamten Wirkung des Raumes bei.

Altar, Ambo und Tabernakel von Paul Brandenburg werden aus den geometrischen Grundformen des Raumes zu einer eigenen formalen Aussage entwickelt, die der jeweiligen Funktion und Aufgabe entspricht.

Wenn der Besucher den hohen hellen Raum durch den maßstabsbildenden Gang und Vorraum betritt, dann wird wie selbstverständlich die heitere Geborgenheit dieses Raumes spürbar. Eine ruhige Harmonie aller Gestaltungselemente als Grundlage für Besinnung, Gebet und Begegnung mit Gott.

Prof. Dipl.-Ing. Manfred Ludes, Architekt

Fenstergestaltung in der Kapelle

Krankenhauskapelle - Mittelfenster (H. Brouwers) (c) H. Brouwers

Der Fensterentwurf für die Kapelle im Krankenhaus Neuwerk ist der künstlerische Versuch. eine lebendige Wahrheit des Glaubens, die Sendung des Hl. Geistes in der Welt von heute mit modernen Formen und unter Einsatz der Farbsymbolik, die seit dem Mittelalter in Kathedralen angewandt wird, für unsere Zeit anschaulich zu machen.

Die nuanciert aufgebauten roten Flächen im Fenster oberhalb des Altares, als Ausdruck des Geistig-Göttlichen, sollen in Verbindung mit den einströmenden weißen und leicht grauen Geistflammen bewusst machen, dass der Geist Gottes nicht etwas Harmloses und in sich Ruhendes ist, sondern dass er mit Macht in unsere Welt eindringen und sie mit seiner Dynamik verändern will.

Die Darstellung in den Fenstern der Kapelle weckt vielleicht die Vorstellung einer gewaltigen Kernspaltung, die hier aber nicht Leben zerstört, sondern Licht verbreitet, Glauben weckt und in einzelnen Menschen, Gruppen und Gemeinden anwesend sein und aktiv werden will. Die mit abgestuften weißen und leicht grauen Gläsern gestalteten Geistformen dringen durch alle Fenster der Kapelle in den Raum ein und werden symbolisch zu Inseln und Stützpunkten des Gottesgeistes. Vom Fenster her lässt sich somit erklären, wie der Geist wirkt und was er von uns erwartet.

Krankenhauskapelle - Fenster rechts (H. Brouwers) (c) H. Brouwers

Die teppichartige umlaufende Form der Fenster in differenzierten blauen, violetten, roten und weißen Farbtönen wirkt auch wie ein Schmuckornament. Das griechische Wort für Schmuck heißt „Kosmos“, zugleich aber bedeutet „Kosmos“ auch: das wohlgeordnete Weltall. Pfingsten ist ein kosmisches Ereignis. Die ganze Welt, das Weltalls soll bis in seine letzten Zonen hinein durchtränkt werden von der Kraft des Geistes Christi, von seiner Lebenskraft, von seiner Liebeskraft.

Krankenhauskapelle - Mittelfenster - Detail (H. Brouwers) (c) H. Brouwers

Mit dem Blick zum Altar senkt sich von oben das göttliche Leben des Vaters durch die Epiklese im Heiligen Geist auf den freien Altar, wo Christus sich in den Gaben gibt und sie mit denen, die diese Gaben bereitstellen, wieder im Heiligen Geist zurückgibt an den Vater. Von oben nach unten, von unten nach oben vollzieht sich das Geheimnis des Glaubens.

Die Bewegung des Geistes bewirkt immer wieder eine mächtige Aktion Gottes in die Welt hinein. um Jesu Werk in der Welt voranzubringen, um ihren Zielpunkt im Erlösungsangebot des Sohnes zu finden.

Gerade für diesen Kirchenraum scheint mir der Gedanke der großen Aktion Gottes, das Wort Jesu in die Welt zu bringen, in der künstlerischen Umsetzung seine Berechtigung zu haben, damit letztlich die gesamte Zeit der Kirche zu einem einzigen Pfingsttag werde.

Johannes Beeck, Glasmaler

Einige Gedanken zur bildhauerischen Gestaltung der Krankenhauskapelle

Krankenhauskapelle - Altarbereich (H. Brouwers) (c) H. Brouwers

Der Grundriss der Kapelle ist ein Kreis. Apsis und Altarraumstufe sind aus Kreissegmenten gebildet. Auch Altar, Ambo und Tabernakel sind aus diesen Grundformen entwickelt. Der Altar ist das geistige Zentrum des Raumes. An fünf mit Kreuzen bezeichneten Stellen. Den Symbolen der Kreuzwunden Christi, wird die Altarplatte bei der Weihe vom Bischof gesalbt Der Altar gilt daher in der Symbolsprache der Kirche als der Grundstein, als Zeichen Christi unter uns. Deshalb ist er nicht wie ein leichtes, verrückbares Möbelstück in den Raum hineingestellt, sondern wächst mit einer Kehlung unverrückbar fest aus dem Boden. Das Material ist Carrara-Marmor. Der Altarsockel zeichnet den Schwung der Apsis nach, die abgeschrägten Ecken antworten auf die Stirnen der Apsisrückwand.

Krankenhauskapelle - Altar - Details (H. Brouwers) (c) H. Brouwers

Das zentrale Relief zeigt einen Weinstock. Die Trauben sind ein Hinweis auf das Blut Christi. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ So sind die Trauben zugleich ein Zeichen, dass wir hier selber mit Christus in der Wandlung zu einer Einheit zusammenwachsen sollen.

Krankenhauskapelle - Ambo (H. Brouwers) (c) H. Brouwers

Der Ambo ist in seiner Bedeutung mehr als ein Lesepult, er ist der Spruchort Gottes. Deshalb wächst auch er unverrückbar fest aus dem Boden. Seine abgerundete Vorderseite greift die Rundung der Säulen auf, die den Raum umstehen. Christus sagt von seiner Botschaft: „Ich habe Worte Ewigen Lebens.“ Das Motiv des Lebensbaumes greift die Rundung der Säulen auf, erinnert uns an diese lebenspendende Kraft des Wortes Gottes.

Krankenhauskapelle - Tabernakel (H. Brouwers) (c) H. Brouwers

Der Tabernakel steht wie eine raumtragende Säule im Scheitel der Apsis. Der Tresor aus polierter Bronze zeigt ein Flammenmotiv. Ein mehrfach deutbares Zeichen: Der brennende Dornbusch, aus dem Gon zu Moses sprach: „Ich bin der, der immer hilfsbereit bei euch ist“, findet seine Erfüllung unter uns im Tabernakel. Hier ist unser Zufluchtsort in allen Nöten. Hier können wir aber auch im Gebet die Kraft des „Trösters“, des Heiligen Geistes - symbolisiert in den Flammen - erfahren, dessen Beistand uns von Christus verheißen wurde.

Krankenhauskapelle - Ambo, Altar, Tabernakel (H. Brouwers)

Vor dem Altar im Boden sehen wir eine kreuzförmige Platte. Hier sind Reliquien von Heiligen eingelassen worden bei der Altarweihe. In der Messfeier gliedern wir uns ein in die himmlische Liturgie, wie sie uns in der Geheimen Offenbarung geschildert wird. Wir umstehen mit den Heiligen den Altar Gottes. Die Reliquien sollen uns daran erinnern, dass hier schon das himmlische Jerusalem beginnt. Der lichtdurchflutete helle Kapellenraum ist ein Hinweis auf diese Verheißung. die in jedem Gottesdienst schon Wirklichkeit wird.

Paul Brandenburg, Bildhauer