"Zum Sonntag" stellt das aktuelle Tagesevangelium mit einem zum Nachdenken anregenden Text vor.
Sonntag, 8.6.2025 - Pfingsten - C
19Am Abend des ersten Tages der Woche,
als die Jünger aus Furcht vor den Juden
bei verschlossenen Türen beisammen waren,
kam Jesus,
trat in ihre Mitte
und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
20Nach diesen Worten
zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.
Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.
21Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch!
Wie mich der Vater gesandt hat,
so sende ich euch.
22Nachdem er das gesagt hatte,
hauchte er sie an
und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!
23Denen ihr die Sünden erlasst,
denen sind sie erlassen;
denen ihr sie behaltet,
sind sie behalten.
(aus: https://www.erzabtei-beuron.de/schott
Normalerweise hängt Pfingsten weit hinter den anderen Hochfesten, vor allem Weihnachten und Ostern, zurück. Jesu Geburt und Auferstehung packen immer noch Menschen, auch wenn es von Jahr zu Jahr weniger werden, in ihrer Sehnsucht nach Leben und Geborgenheit. Aber ein Fest, in dem der Geist Gottes im Zentrum steht? Nicht erst seit diesem Jahr bin ich persönlich dankbar für die Herausforderung, ja Provokation, die Pfingsten bereithält. Ich muss an meine längst verstorbene Großmutter denken, die zwei Weltkriege erlebt hat und bis zu ihrem Tod immer wieder gesagt hat: „Die Welt ist verrückt geworden.“ Für diesen Ausruf reichten oft Dinge, dir wir Enkel schon damals für harmlos hielten. Aber heute würde ich ihr aus vollem Herzen beipflichten. Unsere Welt wird immer verrückter, in dem Sinne: Alte Gewissheiten zerbrechen, moralische Maßstäbe werden mit Füßen getreten, Werte über Bord geworfen. Da sitzt ein Verrückter im Oval Office, ein soziopathischer Egoist, der die Welt auf den Kopf stellt und pausenlos lügt. Erschreckend, dass auch in unserem Land immer mehr Menschen solchen Demagogen bei Wahlen hinterherlaufen. Böse Geister, die wir glaubten, ein für alle Mal vertrieben zu haben, kehren zurück, ein Ungeist breitet sich aus. In der Bibel wird dieser Ungeist oft Diabolos genannt; die Übersetzung „Teufel“ trifft es nicht. Der Diabolos ist der, der alles durcheinanderwürfelt, Chaos verbreitet, Ordnungen zerbricht. Da schaue ich umso mehr auf Pfingsten, auf Gottes guten, schöpferischen Geist. Wir haben ihn bitter nötig, im Kleinen wie im Großen.
Detlef Ziegler
(aus: Botschaft heute, Aachen 2025)